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05.09.2025

KI in der Wissenschaft richtig nutzen – Was Promovierende wissen müssen

 

Wahrscheinlich erinnerst du dich gar nicht mehr an die Zeit, als man zur wissenschaftlichen Literaturrecherche riesige Zettelkästen durchforsten musste.

Vielleicht erinnerst du dich aber noch an frühe Word-Versionen, die viel zu schnell überlastet waren und immer im ungünstigsten Moment abstürzten.

Jede Wissenschaftsgeneration hat eben ihre eigenen Werkzeuge und ihre eigenen Herausforderungen – denn mit jeder neuen Technologie kam immer auch die Frage: Wie kann ich sie sinnvoll für mich nutzen?

Genau an diesem Punkt stehen wir jetzt wieder.

KI ist nicht mehr nur „irgendwo da draußen“ – sie ist längst in der Wissenschaft angekommen.

Viele Promovierende nutzen sie bereits, oft im Stillen, oft mit einem mulmigen Gefühl. Und vielleicht hast auch du schon mal gedacht: „Wenn ich ChatGPT oder andere KI-gestützte Tools für meine Diss einsetze – ist das nicht irgendwie Schummeln?“

Hier einmal vorweggesagt: nein, das ist es nicht. Oder: nicht unbedingt.

In diesem Artikel erfährst du

  • an welchen Stellen im Forschungsprozess dich KI unterstützen kann
  • was du hinsichtlich der rechtlichen und ethischen Dimension beachten solltest
  • wo und wie du KI-Nutzung in deiner Dissertation angeben musst
  • und wie du KI richtig und souverän in deiner Dissertation verwendest

Wo KI in der Wissenschaft unterstützen kann

 

Schauen wir uns zuerst einmal an, welche KI-gestützten Tools dich in deinem Promotionsprozess grundsätzlich unterstützen könnten. (Bitte beachte: angesichts der rasanten, technologischen Entwicklung im Bereich von KI kann diese Liste nur einen Überblick liefern und ist nicht als abgeschlossen zu verstehen!)

#1 Allround-KI-Tools für die Wissenschaft: Diese Tools kannst du vielseitig einsetzen

Diese Tools sind vielseitig einsetzbar und können dich bei verschiedenen Aufgaben in einem wissenschaftlichen Arbeitsprozess unterstützen.

  • ChatGPT (OpenAI): unterstützt dich bei Ideenfindung, Argumentation und Formulierung und ist sprachlich besonders stark. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Plus ab ca. 20 €/Monat]
  • Claude (Anthropic): liefert präzise Ergebnisse, legt Wert auf Sicherheit und arbeitet mit sehr großen Kontextfenstern. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ab ca. 20 €/Monat]
  • Gemini (Google): verarbeitet Text, Bild, Audio und Video, eignet sich besonders für Transkriptionen, OCR von Quellen und Datenanalyse in großen Kontexten und integriert sich direkt in den Google Workspace. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ab ca. 20 €/Monat]

#2 Literaturrecherche mit KI

Daneben gibt es viele weitere Tools, die für ganz spezifische Arbeitsschritte ausgelegt sind – so etwa für systematische Literatursuche und Screening.

  • Perplexity: kombiniert KI-Generierung mit direkten Quellenangaben. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ca. 20 €/Monat]
  • Elicit: erstellt tabellarische Übersichten zu Studien (Methode, Stichprobe, Ergebnisse) und ist besonders hilfreich für den Einstieg in ein neues Feld. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Bezahlversion ab ca. 10 €/Monat]
  • Scite.AI: zeigt dir nicht nur, dass ein Paper zitiert wurde, sondern auch wie (z. B. zustimmend, widersprechend oder neutral). [Kostenpunkt: Basisversion eingeschränkt kostenlos, Vollversion ab ca. 15 €/Monat]
  • Paperpile: schlägt dir auf Basis deiner gespeicherten Literatur weitere relevante Studien vor – praktisch für die Erweiterung deines Literaturkorpus. [Kostenpunkt: ab ca. 3 €/Monat]
  • Rayyan: ist spezialisiert auf systematische Literaturreviews (Screening, Klassifizieren, Filtern). [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Premium ab ca. 20 €/Monat]
  • Semantic Scholar: stellt dir eine KI-gestützte Suchmaschine mit Zusammenfassungen und Paper-Feeds zur Verfügung. [Kostenpunkt: kostenlos]

#3 Formulierung, Übersetzung und Text-Feinschliff mit KI-Schreibassistenten

Die folgenden Tools unterstützen dich spezifisch beim Übersetzen (zB von Deutsch zu Englisch), beim prägnanten Formulieren oder Feinschleifen von wissenschaftlichen Texten.

  • Jenni AI: unterstützt dich als KI-Schreibassistent speziell für wissenschaftliche Texte, integriert Zitate und Autovervollständigung direkt im Schreibfluss. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Vollversion ab ca. 20 €/Monat]
  • DeepL Write: hilft dir bei der Übersetzung von Texten sowie bei der Verfeinerung von Ausdruck und Stil, besonders geeignet für englischsprachige Texte. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ab ca. 10 €/Monat]
  • Grammarly: prüft deine Texte auf Grammatik, Stil und Lesefluss und ist besonders stark für englische Texte. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Premium ab ca. 12 €/Monat]
  • SciSpace: ermöglicht dir einen „Chat mit PDFs“, erklärt Paper, liefert Definitionen und Erklärungen. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ab ca. 10 €/Monat]

#4 Mit KI Daten analysieren & Wissen organisieren

Auch Transkriptionen, Codierungen und andere Aufgaben im Bereich von Daten- und Wissensorganisation können heute ergiebig mit Unterstützung von KI umgesetzt werden.

  • MaxQDA und NVivo: unterstützen dich bei der qualitativen Datenanalyse mit KI-Modulen (etwa automatisches Codieren, Clustering, Paraphrasen). [Kostenpunkt: Studierendenlizenz ab ca. 99 €/Jahr bzw. ab ca. 12 €/Monat]
  • Zotero mit KI-Plugin: erstellt automatische Zusammenfassungen und unterstützt dich bei der Literaturorganisation. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Speicher ab ca. 3 €/Monat]
  • Otter.ai: transkribiert Interviews und Meetings und erkennt verschiedene Sprecher automatisch. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ab ca. 10 €/Monat]
  • Descript: transkribiert Audio- und Videodaten und ermöglicht dir zusätzlich eine textbasierte Bearbeitung. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ab ca. 15 €/Monat]
  • NotebookLM (Google): unterstützt dich bei der Organisation deines Wissens, fasst Inhalte aus verschiedenen Quellen zusammen und erstellt Visualisierungen und Mindmaps. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos]

#5 KI zur Qualitätssicherung in der Dissertation: Plagiate und Co. im Blick

Zuletzt können KI-gestützte Tools dich auch bei der Qualitätssicherung deiner wissenschaftlichen Texte (zB bei der Plagiatserkennung) unterstützen.

  • Copyleaks: prüft deine Texte auf Plagiate und erkennt KI-generierte Inhalte – wertvoll, um wissenschaftliche Standards einzuhalten. [Kostenpunkt: Basisversion kostenlos, Pro ab ca. 10 €/Monat]

Rechtliche und ethische Dimension von KI in der Wissenschaft: Was ist erlaubt?

 

Du hast gesehen: es gibt mittlerweile unzählige KI-gestützte Systeme, die du als Promovend*in nutzen könntest.

Damit stellt sich unmittelbar die Frage: Darfst du das denn überhaupt? Ist die Nutzung von KI in der Dissertation rechtlich und ethisch erlaubt? Und wo verlaufen die Grenzen?

Dazu ist erst einmal wichtig zu wissen: aktuell gibt es kein einheitliches und allgemein-gültiges Gesetz zu KI-Nutzung in Dissertationen. Weder zur Frage „Welche Art von KI-Nutzung ist in einer Dissertation erlaubt?“, noch zur Frage „Wieviel KI-Nutzung ist erlaubt?“.

Maßgeblich sind – sofern vorhanden – die jeweils geltenden Vorgaben deiner Hochschule oder Fakultät. Diese findest du typischerweise auf der Webseite deiner Hochschule, in deiner Promotionsordnung, oder in einem Kodex zur „Guten wissenschaftlichen Praxis“ (wie z.B. bei der DFG).

Solange aber klare Linien und Vorgaben fehlen, braucht es umso mehr deine seriöse und verantwortungsvolle Einschätzung, wo und in welchem Ausmaß der Rückgriff auf KI legitim ist.

Zwei Gedanken können dabei vielleicht weiterhelfen:

1. KI vs. Qualifikation

Eine Dissertation ist nicht einfach nur irgendein wissenschaftlicher Text. Sie ist formal gesehen eine Qualifikationsschrift.

Es geht hier nicht nur um einen fertigen Text, sondern inbesondere um den Nachweis, dass du selbstständig und sauber wissenschaftlich arbeiten kannst. Dass du zentrale Theorien und Methoden beherrschst, komplexe Argumentationen entwickeln und Fachinhalte überzeugend kommunizieren kannst.

Während also in Journal- oder Konferenz-Papers oft vor allem das Forschungsergebnis zählt, muss deine Dissertation auch und vor allem deine wissenschaftliche Eigenleistung zeigen.

Nicht zuletzt deshalb werden in Dissertationen und anderen Qualifikationsschriften oft strengere Vorgaben und Maßstäbe in Hinblick auf KI angelegt als in anderen wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

2. KI vs. Autorschaft

Ein zweiter zentraler Punkt betrifft die Frage nach Autorschaft.

In der Wissenschaft bedeutet Autor*in zu sein nämlich nicht nur, dass dein Name unter einem Text steht. Es bedeutet, dass du Verantwortung für den gesamten Prozess dahinter übernimmst: für herangezogenen Methoden, Theorien und Quellen, für die Nachvollziehbarkeit deiner Argumente und für die Ergebnisse, die du präsentierst.

Eine KI kann zwar Texte generieren oder dich bei anderen Arbeitsschritten unterstützen, ABER sie übernimmt und trägt dafür niemals Verantwortung.

Wissenschaftliche Autorschaft und die Verantwortung für deinen Text sind deshalb immer und untrennbar an dich als Person gebunden.

Gerade deshalb ist es durchaus heikel, wenn KI im Hintergrund zur „heimlichen Co-Autorin“ wird. 

Denn in diesem Moment verschwimmen empfindliche Grenzen: Gibst du hier noch deine eigene wissenschaftliche Leistung wieder – oder lässt du eine fremde Instanz für dich arbeiten?

Weil es dazu auch immer wieder Missverständnisse gibt: genau genommen handelt es sich in solchen Fällen nicht um Plagiat. Plagiate setzen eine Übernahme von fremdem geistigem Eigentum voraus – eine Verletzung des Urheberrechts. KI hat aber juristisch gesehen kein geistiges Eigentum an dem von ihr generierten Output.

Treffender ist in solchen Fällen der Vergleich mit Ghostwriting. In dem Moment, wo du KI zB ganze Unterkapitel ausarbeiten lässt und diese ungekennzeichnet als deine eigene Arbeit ausgibst, arbeitet die KI für dich wie ein Ghostwriter – und in einer Dissertation ist das natürlich ein No Go.

Die klare Linie lautet also: KI darf als Werkzeug genutzt werde, solange dies verantwortungsvoll geschieht und transparent gemacht wird – Verantwortung und Urheberschaft für deine Arbeit bleiben immer bei dir.

Mini-Check: Wenn du dir unsicher bist, stell dir drei Fragen:

  1. Habe ich die Inhalte, die mir eine KI geliefert hat, kritisch geprüft, nachvollzogen und transparent in meine eigene Arbeit eingebettet – oder gebe ich sie weitgehend unverändert und als meine eigene Leistung aus?
  2. Würde ich mich trauen, vor meinem Doktorvater/meiner Doktormutter offen zu sagen: „Diesen Teil habe ich mit KI erarbeitet“?
  3. Wäre ein erkennbarer wissenschaftlicher Wert meiner Arbeit auch ohne diesen KI-Beitrag gegeben? Wäre das hier trotzdem MEINE wissenschaftliche Eigenleistung?

Wenn du eine dieser Fragen ehrlich mit „Nein“ beantworten müsstest → Vorsicht! Hier drohst du gerade, die Grenzen einer wissenschaftlich sauberen und seriösen Arbeitsweise zu überschreiten.

Wir haben gesehen: die Nutzung von KI kann – wo sie überlegt und seriös erfolgt – absolut legitim und mit wissenschaftsethischen Vorgaben konform sein. Aber wie gibst du sie in deiner Dissertation korrekt an?

Auch hier gibt es bisher kein einheitlich geregeltes Schema. Die Webseite deiner Institution oder deine Promotionsordnung können eine wertvolle Anlaufstelle für konkrete Vorgabe sein.

Einige Faustregeln kannst du dir aber jedenfalls merken:

  • Wenn KI nur punktuell als Hilfsmittel genutzt wurde (z. B. zur abschließenden Rechtschreibprüfung), reicht in der Regel ein kurzer Hinweis im Vorwort oder in der Einleitung.
  • Wenn KI auch strukturell und inhaltlich an der Erarbeitung deines Textes beteiligt war (z.B. beim Erstellen einer ersten Gliederung oder dem Schärfen deiner Fragestellung), gehört das in den Methodenteil, in einen Abschnitt über „Verwendete Hilfsmittel“ oder in eigene Fußnoten an den betreffenden Textstellen.

Formulierungsbeispiele wie diese können dafür nützlich sein:

„Für die Entwicklung einer ersten Gliederung dieses Kapitels wurde ChatGPT genutzt; die weitere inhaltliche Ausarbeitung erfolgte durch die Autorin.“

„Die Identifikation relevanter Studien wurde durch Scite.AI unterstützt; die Interpretation und Einordnung erfolgte eigenständig.“

„Bei der Codierung qualitativer Interviewdaten kamen KI-gestützte Funktionen von MaxQDA zum Einsatz; die Interpretation wurde vom Autor vorgenommen.“

„Für die sprachliche Korrektur und den Feinschliff englischsprachiger Passagen wurde DeepL Write eingesetzt; die Verantwortung für Inhalt und Argumentation liegt bei der Autorin.“

„Zur Transkription der Interviewdaten wurde Otter.ai genutzt; die anschließende Codierung und Interpretation erfolgte durch den Autor.“

Die goldene Regel lautet also immer: Transparenz. Damit vermeidest du Missverständnisse – und im Zweifelsfall nicht nur den Vorwurf unsauberer Arbeitsweise, sondern auch den Verdacht bewusster Täuschung!

Fazit: So arbeitest du in der Dissertation souverän mit KI

Was heißt das alles nun für dich?

Ja, du darfst KI in deiner Dissertation nutzen.

An vielen Stellen wird KI dir wissenschaftliche Arbeitsprozesse erleichtern oder die Erledigung von mühseligen Aufgaben beschleunigen können. (So wie die elektronische Bibliotheksrecherche irgendwann langwieriges Suchen in Zettelkästen abgelöst hat – und wir sind uns wohl alle einig: Das war gut so!)

Aber dennoch solltest du KI immer mit Bedacht nutzen: Nie als Ersatz für deine eigene wissenschaftliche Leistung, sondern bestenfalls als Ergänzung. Wo ein Rückgriff auf KI erfolgt ist, solltest du diesen immer transparent ausweisen, um Missverständnisse und böse Überraschungen zu vermeiden.

Und ich weiß auch: in der Fülle an Tools verlierst du vielleicht schon den Überblick: wo sollst du nun beginnen?

Daher mein abschließender Tipp: Allrounder wie ChatGPT sind ein besonders sinnvoller Einstieg in die Welt von KI, denn sie sind vielseitig einsetzbar und leicht zugänglich.

Wenn du jetzt denkst: „Okay, und wie genau geht das denn?“: Genau das zeige ich dir schon ganz bald in einem neuen Onlinekurs. Dort lernst du, ChatGPT klug, kritisch und wissenschaftlich sauber in deinen Forschungs- und Schreibprozess einzubinden – und bist damit garantiert gewappnet für diese neue Ära von Wissenschaft.

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